Mit „Uninhabitable Objects“ wird im Bündner Kunstmuseum eine Thematik untersucht, die von allgemeiner gesellschaftlicher Relevanz ist. Die Behausung – und sei diese noch so rudimentär – ist von existenzieller Bedeutung für den Menschen. Es geht in dieser Ausstellung um die subjektiv-imaginative Auseinandersetzung mit Raum- und Wohnvorstellungen: „Wann ist etwas bewohnbar?“, „Wer wohnt darin?“ oder „Könnte ich darin leben?“.
Die ausgewählten Arbeiten verweisen alle in der einen oder anderen Weise in die Wirklichkeit. Es sind Bilder oder Modelle von Behausungen, die zwar real umgesetzt sind oder waren, jedoch für die Betrachterinnen und Betrachter faktisch nicht betret- oder bewohnbar sind und deshalb ihre Vorstellungskraft herausfordern. Gerade weil Behausungen einen zentralen und alltäglichen Bereich unseres Lebens ausmachen, lösen die Uneindeutigkeiten der künstlerischen Umsetzungen sowohl Irritation als auch Faszination aus. Zum Beispiel liess Rachel Whiteread ein viktorianisches Haus komplett mit Beton ausgiessen und die Hülle abtragen, so dass uns der ehemalige Wohnraum als stummes Denkmal der Abwesenheit begegnet. Im Gegensatz dazu erweckt das Künstlerpaar Gabriela Gerber und Lukas Bardill das militärische Attrappendorf Answiesen zum Leben, indem sie mit Ton und Licht die Illusion schaffen, dass die Haushüllen bewohnt sind. Bianca Brunner konstruiert in ihrer Fotoreihe Uninhabitable Objects provisorische Schutzbauten und fotografiert sie in einer Weise, die sowohl ihre Funktion wie auch ihre Grössenverhältnisse seltsam unbestimmt lassen. Benjamin Appel baut ein raumgreifendes, lebensgrosses aber hermetisches Objekt aus alten Möbeln, das gleichzeitig familiär und abweisend wirkt. Not Vital wiederum hat zahlreiche seiner „bewohnbaren Skulpturen“ im Niger, im Engadin oder in Patagonien tatsächlich ausgeführt. Dennoch findet das Bewohnen aus politischen, klimatischen oder geografischen Gründen auch in diesen Fällen meistens nur in der Vorstellung statt.
Bei dieser Ausstellung steht nicht das Haus als Statussymbol im Vordergrund, sondern seine grundsätzliche Bedeutung für den Menschen. „Der Sinn der Hütte“ liegt ebenso darin, eine physische Schutzfunktion auszuüben wie die Möglichkeit zu bieten, „in Frieden zu träumen“ (Gaston Bachelard). Früh schaffen sich Kinder mit einfachen Mitteln und Materialien Behausungen, um sich vor der Welt zu verstecken und einen Ort für sich allein zu haben. Gerade in unserer Zeit und unserer wohlhabenden Gesellschaft, in der die meisten einen festen Wohnsitz in einem stabilen Haus haben, wird die Hütte als Denk- und Rückzugsort wieder wichtig. Die in der Kindheit angelegte Lust des Bauens setzt sich auch in den künstlerischen Konzepten fort, die sich alle mit der mentalen Begeh- und Erlebbarkeit des Raumes auseinander setzen.
Gezeigt werden Objekte, Installationen, Fotografien und Videos von Benjamin Appel, Bianca Brunner, Gabriela Gerber/Lukas Bardill, Catrin Lüthi K, Christof Rösch, Thomas Schütte, Gaudenz Signorell, Not Vital und Rachel Whiteread.
Dieser ursprüngliche, in der provisorischen Einfachheit einer Hütte verkörperte Traum nach Unabhängigkeit und Geborgenheit bildet die Grundlage für ein besonderes Angebot für Kinder. In enger Zusammenarbeit entwickeln die Kuratorin Katharina Ammann und die Kunstvermittlerin Alexa Giger eine Kinderbaustelle im Garten der historischen Villa Planta. Im Sommer wird dort unter professioneller Aufsicht mit Kunstschaffenden und Handwerkern eine Kindervilla gebaut, in der Raum- und Wohnfantasien lustvoll ausprobiert werden können.
Anstelle eines klassischen Ausstellungskatalogs erscheint eine Publikation, worin der Vermittlungsgedanke den Leitfaden bildet. Darin enthalten sind neben Informationen zu den Künstlerinnen und Künstlern auch Anregungen und Anleitungen zu praktischen Umsetzungen im Bereich Bauen, Hausen und Wohnen.
Vernissage: Freitag, 31. Mai, 18 Uhr
Begrüssung: Barbara Gabrielli, Leiterin Amt für Kultur
Einführung: Dr. Katharina Ammann, Konservatorin Bündner Kunstmuseum