In der Sammlung des Rätischen Museums Chur befindet sich eine Sennenpuppe aus dem Calanca-Tal, die in der Literatur als einzig real existierendes «Sennentuntschi» bezeichnet wird. Das Bündner Kunstmuseum widmet diesem geheimnisvollen Objekt eine kleine Ausstellung und bringt im Rahmen seiner Gastspiele Werke zeitgenössischer Kunst in die Räume des historischen Museums.
Immer wieder erschaffen sich Menschen mehr oder weniger leibhaftige Gegenüber. Was in der Mythologie und der Sagenwelt vielfach aufgegriffen wurde, ist auch in der Literatur und der bildenden Kunst ein sehr beliebter Stoff. Und ebenso wie das Thema «Sennentuntschi» Eingang in die Theater- und Kinowelt fand, findet es seine Reflexe auch in der zeitgenössischen Kunst. So lehnen sich etwa die beiden Zürcher Künstlerinnen Klodin Erb und Eliane Rutishauser an die Sage des «Sennentuntschi» an und nähern sich dem Stoff mit subversiver Kraft. Weit weg von jedem moralischem Impetus kehren die Künstlerinnen in ihrer multimedialen Werkgruppe «Baby» die anarchische Seite der Geschichte hervor und treiben mit unseren Wünschen und Ängsten ein unheimlich lustvolles Spiel. Das Bündner Kunstmuseum hat 2014 diese mehrteilige Arbeit erworben und bringt sie im Rahmen eines Gastspiels in direkte Nachbarschaft mit der merkwürdigen «Sennenpuppe» aus dem Rätischen Museum. Damit soll der Fokus auf ein einzelnes Objekt aus dem historischen Museum gerichtet und gleichzeitig eine Neuerwerbung aus dem Bündner Kunstmuseum vorgestellt und vermittelt werden. Dass dabei die Männerphantasie auf eine weibliche Perspektive trifft, ist nicht zufällig, sondern gewollt. Die sagenhafte Wirklichkeit des unschuldig unheimlichen «Sennentuntschi» kann so jedenfalls auf sehr vielschichtige Weise erfahren werden.
Vernissage: Donnerstag, 8. Oktober 2015, 18.00 Uhr Begrüssung: Andrea Kauer, Direktorin Rätisches Museum Einführung: Silvia Conzett, Projektleiterin Rätisches Museum und Stephan Kunz, Direktor Bündner Kunstmuseum