Das Werk Pyramide (2017) von Olaf Holzapfel beleuchtete als Schlüsselwerk der Ausstellung LandLiebe. Kunst und Landwirtschaft weitreichende Themen wie die Beziehung zwischen Mensch und Acker und den Umgang mit natürlichen Ressourcen. Um diese Themen sichtbar zu machen, verwendet Holzapfel den landwirtschaftlichen Rohstoff Stroh. Sorgsam reiht der Künstler Halm an Halm und lässt sich dabei von den Eigenschaften des Materials leiten. Die Komposition des quadratischen Bildes lässt Olaf Holzapfel durch die Längen der Getreidehalme und durch ihre Farbigkeit bestimmen. Er zeigt damit, wie ländliche Techniken in den Bedingungen der Natur gründen können. Aus dieser Perspektive gedacht, formt nicht die Umwelt den Menschen, sondern sie gestaltet und bestimmt letztlich uns.
Die verschachtelten Pyramidenformen, die ein Verweis auf historische Bautechniken sind, schaffen den Eindruck einer endlosen Repetition und scheinen sich über den Bildrand hinweg zu bewegen. In ihrer konsequenten additiven Ordnung erinnern die Strohhalme an ein digitales System. Im goldenen Schnitt platziert Olaf Holzapfel eine zentrale Form und verleiht dem Bild damit Ausgewogenheit und gleichzeitig eine aufwärtsstrebende Richtung. Dahinter richtete er die Formen unterschiedlich aus und unterstützt damit die Bilddynamik. Drei trapezartige Gebilde unten links und oben rechts rahmen die scheinbare Bergformation subtil ein.
Olaf Holzapfel wächst in der DDR auf und wird von der Umweltbewegung der 1980-Jahre nachhaltig geprägt. Bereits vor dem Mauerfall kommt Holzapfel in die Bundesrepublik Deutschland. Nach einem Studium an der HfBK Dresden verlegt er seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin. Während ausgiebigen Reisen – unter anderem Forschungsaufenthalte am NID Ahmedabad (Indien) und an der Columbia University New York (USA) – beschäftigt Olaf Holzapfel sich mit kulturellen Bildsprachen. Er sieht Europa als multipolaren Kontinent, geprägt von Migration, die aus einem jahrhundertelangen ausgeprägten Handel mit verschiedenen Kulturen hervorgeht. In seinen Arbeiten sind daher auch Grenzen und Übergänge wiederkehrende Motive.
Seit 2009 liegt sein Fokus auf der Verbindung von Landschaft und Material als Basis bildnerischen Denkens. Das Bild Pyramide wurde anlässlich ZAUN, Holzapfels Ausstellung zur documenta 14 (2017), erstmals gezeigt. Im Spiel zwischen Abstraktion und Figuration verweist es auf das Dazwischen, denn der Künstler begreift die Lebensräume unserer Gegenwart als fliessend. In der Rückbesinnung auf ländliche Traditionen beleuchtet OIaf Holzapfel ihre Aktualität und zeigt, wie nachwachsende Rohstoffe ökologisch im Fokus eines kollektiven Wandels stehen.
Werk
Pyramide
2017
137.5 × 137.5 cm
Stroh, schwarze Tusche auf Holz
Bündner Kunstmuseum Chur, Ankauf 2022