2022
"Jeder gehört zu uns, der unmittelbar und frei, das zum Ausdruck bringt, was ihn zum Schaffen drängt." – Programmatisch steht an den Anfängen des Expressionismus ein Holzschnitt. 1906 druckt Ernst Ludwig Kirchner als einer der treibenden Kräfte der Brücke (1905) das Programm der Künstlergruppe als grafisches Blatt. In den materiellen und technischen Bedingungen der Grafik fanden Künstlerinnen und Künstler des Expressionismus ideale Voraussetzungen für ihre Ansprüche und Forderungen an eine neue Kunstauffassung. Mittels ausdruckstarker Linien und reduzierter Flächen prägte die Grafik so das künstlerische Schaffen einer ganzen Künstlergeneration.
Jenseits der grossformatigen, farbintensiven Gemälde des Expressionismus lädt die Ausstellung dazu ein, in Lithographien, Radierungen und Holzschnitten der Ausdruckskraft eindrucksvoller Kunstwerke von Künstlerinnen und Künstlern, wie Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Otto Mueller, Emil Nolde, Max Beckmann, Paula Modersohn-Becker, Käthe Kollwitz, Hermann Scherer, Albert Müller, Ignaz Epper, Fritz Paul oder Werner Neuhaus näher zu kommen.
Thematisch umkreisen die Arbeiten das Spektrum menschlicher Existenz zwischen Grossstadtleben und Naturidylle, zeigen Parks und Cafés, Varieté und Tanz ebenso wie Landschaften, Eisenbahnunglücke und Szenen der Nacht. In ihrer Unmittelbarkeit konfrontieren expressive Porträtdarstellungen die Betrachtenden. Während sich im Motiv Badender Frauen die Intimität des Formats wiederspiegelt, bezeugen massive Bergwelten den Einfluss, den der Schweiz als Bezugsort in der Kunstlandschaft der Zeit zukam.